Eine Quäkerandacht

Nach der Ankunft begeben wir uns ein paar Minuten vor der vereinbarten Zeit in den Andachtsraum und setzen uns bequem hin. Die Andacht beginnt, wenn sich die erste Person hingesetzt hat und die stille Reise nach innen beginnt. Es ist daher wichtig, von Anfang an so still wie möglich zu sein. Versuchen Sie auch möglichst pünktlich zu kommen.

Der Andachtsraum ist ein einfacher Raum in dem die Stühle im Kreis um einen kleinen Tisch stehen.

Auf dem Tisch liegen Kopien der Bibel (in verschiedenen Sprachen), Kopien des englischen Quäkerbuches „Quäker Glaube und Wirken“ and „Ratschläge und Fragen“ (diese beiden Bücher beschreiben die Essenz des Quäkertums). Jede/r kann in diesen Büchern während der Andacht lesen, wenn sie/er das Gefühl hat, diese könnten hilfreich sein. In einigen Andachten findet man auch eine Kerze oder Blumen.

Unsere Andachten werden in Stille abgehalten. Es gibt keine Zeremonie oder Ritual; die Versammlung ist eine stille Besinnung oder Meditation. Es gibt keinen Pfarrer oder Priester; jede/r ist gleich verantwortlich für die Stille und die Worte die eventuel gesprochen werden. Jeder/r darf sprechen, wenn sie oder er das Gefühl hat, dass die Stille bereichert wird durch den Beitrag, wie zögernd oder unvollständig er auch erscheinen mag. In der Stille werden wir uns den Außengeräuschen weniger bewusst, nehmen einander mehr wahr, und sind offener, Gott einzulassen und zu hören. Dadurch können wir Gott in uns selber und in anderen finden. Wir versuchen „einander kennen zu lernen in dem was ewig ist“. Wenn Sie es schwierig finden in der Stille fokussiert zu bleiben, könnte dies mit einer inneren Unruhe, sorgenvollen Gedanken oder äußeren Störungen zusammenhängen. Nehmen Sie die Anwesenheit dieser Dinge wahr und lassen Sie sie liebevoll los.

Wir erwarten, dass die Stille sich vertieft. Mit der Zeit entwickeln wir unsere eigenen Methoden, die uns helfen dies zu erreichen, aber es braucht Zeit und Geduld. Manchmal herrscht Stille für die ganze Stunde, dennoch ist es üblicher, dass die Stille ein paar mal gebrochen (aber nicht unterbrochen) wird durch einen Gedanken, eine Lesung oder ein Gebet von einem/einer der Anwesenden.

Im Laufe der Andacht bemerken Sie vielleicht einen gemeinsamen roten Faden. Wenn das was gesagt wird Ihnen nicht richtig erscheint, denken Sie daran, dass es vielleicht genau das ist was jemand anders braucht. Versuchen Sie offen für das zu sein, was hinter dem gesprochenen Wort in der Stille liegt. Quäker versuchen eine Gemeinschaft des Vertrauens und der gegenseitigen Akzeptanz zu schaffen. Vergessen Sie nicht: keine zwei Andachten sind jemals gleich, deshalb ist es eine gute Idee wenn möglich mehrmals zu kommen.

Am Ende der Andacht reichen sich alle kurz die Hände. BesucherInnen werden willkommen geheißen und können sich vorstellen wenn sie möchten. Danach werden Informationen über die lokale Quäkergemeinde und andere Aktivitäten ausgetauscht. Zum Schluß sind alle, nach ein paar weiteren Minuten Stille, zu Tee und Kaffee eingeladen. Seien Sie nicht schüchtern: Sie können mit jedem der Anwesenden sprechen und auch Fragen über die Quäker stellen. Alle sind gerne bereit Ihnen zu sagen, was sie wissen.

Informationsbroschüren über die Quäker gibt es gratis, bitte fühlen Sie sich frei sie mitzunehmen, wenn sie möchten. Manchmal gibt es einen Bücherstand mit Büchern über das Quäkertum und über Themen, die die Anwesenden interessieren. Es gibt auch ein Rundschreiben und Sie können gerne eine Kopie davon mitnehmen. Sie können zusätzlich Ihren Namen auch auf die Mailing Liste setzen, um das Rundschreiben regelmäßig zu erhalten.

Wir hoffen, dass Sie sich in unserer Andacht mit uns wohlfühlen. Wir würden uns freuen Sie wieder zu sehen – es braucht oft einige Zeit bis man sich in der Stille zuhause fühlt.

—–Stille nährt die Seele—–

Wer sind die Quäker und an was glauben sie?

Das Quäkertum entstand in England 1652 hauptsächlich unter der Führung von George Fox, der davon überzeugt war, dass wahre Religion sich nicht um Zeremonien und Riten einer Priesterkaste oder um komplexe theologische Argumente dreht, sondern eine persönliche innere Erfahrung, eine direkte Verbindung mit Gott und eine darausfolgende Veränderung des Alltagslebens ist. Er erkannte das „Innere Licht“ als die Autorität religiöser Angelegenheiten. Er hat uns daran erinnert, dass wir „das von Gott“ in jedem Menschen antreffen können. Die frühen „FreundInnen der Wahrheit“, wie sie sich selbst nannten, trafen sich in Stille, damit die Inner Stimme durch sie sprechen konnte und damit sie die Botschaft der Inneren Stimme miteinander teilen konnten.

Das Quäkertum hat seinen Ursprung in einer Zeit, in der das Christentum ein zentraler Aspekt des Alltagslebens der gesamten Gesellschaft war. Daher haben sich die frühen Quäker in ähnlicher Weise geäußert. Heutzutage sehen sich viele Quäker in der Basis als christlich, während andere eine weiter gefasste religiöse Vision haben und nach der Wahrheit in vielen verschiedenen religiösen Traditionen suchen.

Bis in dieses Jahrhundert fahren die Quäker fort, sich in Stille zu versammeln: ohne Priester, spezielle Zeremonien, Feiertage oder Glaubensbekenntnisse in spezifischen Worten. Sie vertrauen der Inspiration die ihnen in der Andacht, in persönlicher spiritueller Praxis und der Quäkerart des Alltags zukommt.

Quäker haben oft sehr unterschiedliche Ideen und persönliche Glaubensgrundsätze, aber diese Vielfalt wird in der Stille der Andacht zur Einheit. Ein früher Quäker hat einmal gesagt „als ich in die stille Versammlung der Menschen Gottes kam, fühlte ich eine geheime Kraft unter ihnen, die mein Herz berührte, und als ich mich dafür öffnete, fühlte ich das Böse in mir schwächer werden und das Gute erstarken…“

Die Quäkervision, dass es „das von Gott“ in jedem Menschen gibt hat sie dazu geführt Gewalt, Diskriminierung und Ausbeutung in jeder Form abzulehnen. Die religiöse Gemeinschaft der Freunde (oft beschrieben als eine der historischen Friedenskirchen) arbeitet seit langem für den Frieden und gegen den Krieg; in Kriegszeiten haben viele Quäker den Kriegsdienst verweigert. Quäker gehörten zu den ersten, die Frauen als gleichwertige Mitglieder ihrer Gemeinschaft akzeptierten (auch wenn sie dies nicht immer vollständig umsetzen konnten) und zu den ersten die gegen die Sklaverei, für eine Gefängnisreform, für die Rechte von Flüchtlingen und für allgemeine Bildung eintraten. Wir treten auch schon lange ein für eine Akzeptanz psychisch Kranker als vollwertige Menschen, die liebevolle Versorgung und Verstehen brauchen. Wir arbeiten bis heute an all diesen Dingen. Es gibt auch neuere Wege die traditionelle Quäker Einfachheit auszuüben, indem man z. B. ein einfaches umweltfreundliches Leben führt.

Wir begrüßen die kulturelle Vielfalt, die die moderne globale Welt ermöglicht und wir geben unser Bestes eine tolerante, multiethnische, multikulturelle Gemeinschaft aufzubauen. Quäker unterstützen die Arbeit internationaler Organisationen, wie z.B. die der Vereinten Nationen, die versuchen Frieden zu etablieren und zu erhalten und Menschenrechte zu schützen. Das Beratende Weltkomitee der Freunde ist die Mutterorganisation für die zwei Quäker UN Büros in New York und Genf. Durch den Quäkerrat für Europäische Angelegenheiten versuchen die Freunde auch die Politik der EntscheidungsträgerInnen in der Europäischen Union in Themen wie Menschenrechte, Frieden und Entwicklung weltweit zu beeinflussen. Die Monatsversammlung in Luxemburg und Belgien hat starke Verbindungen mit dem Quäkerrat für Europäische Angelegenheiten.